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Waschmaschinen leben kürzer?

Seit Jahren wird Geräteherstellern vorgeworfen, die Produktlebensdauer künstlich niedrig zu halten. Keiner will es zugeben, doch Reparaturwerkstätten sehen täglich klare Beweise. Was ist dran an der „geplanten Obsoleszenz“?

Der Drucker, der nach einem Jahr nur noch Schmieragen druckt; die Waschmaschine, die nach zwei Jahren im Schleudergang so klingt, als würde man Steine waschen; der Fernseher, der nach einiger Zeit einfach kein Bild mehr liefert. Beispiele, die sicherlich der eine oder die andere von uns kennt. Alles geplant oder doch nur unglücklicher Zufall?

Sepp Eisenriegler repariert seit zwanzig Jahren in Wien Haushalts- und Elektrogeräte. Er beobachtet, dass die Lebensdauer von Produkten in den vergangenen Jahren deutlich kürzer geworden ist. Hand in Hand damit gehe ein Qualitätsverlust des verwendeten Materials, und mit verbauten Teilen, die nur teuer, schlecht oder im schlimmsten Fall gar nicht ausgetauscht werden können.

„Nur Reiche waschen billig“

Gerne verwendet Sepp Eisenriegler die Waschmaschine als anschauliches Beispiel. Denn in den letzten zehn Jahren habe man dreimal so viele Waschmaschinen wegwerfen müssen, „weil sie nicht wirtschaftlich zu reparieren waren“, beklagt er sich. Diese Zahl decke sich mit dem Ergebnis einer Studie des deutschen Umweltbundesamtes.

Sieht man sich das Innenleben einer teuren und einer billigen Waschmaschine an, erkennt man schon als Laie die Qualitätsunterschiede. Während bei teuren Maschinen die Bauteile aus Edelstahl bestehen, sind viele der Teile in billigen Maschinen aus Kunststoff.

Waschmaschinen im Vergleich

Das Herzstück der Maschine ist die Wascheinheit, bestehend aus Bottich, der darin befindlichen Waschtrommel und den Stoßdämpfer, die zB während des Schleuderns stabilisieren sollen. Besonders diese Stoßdämpfer werden bei billigen Maschinen häufig kaputt. Dann „klopft“ die Waschmaschine. „Und dann ist es leider zu spät“, sagt Eisenriegler. Denn keine Stoßdämpfung bedeutet, dass die Trommel eiert. Das wirkt sich wiederum auf das Kugellager aus, das bei billigen Waschmaschinen nicht einzeln ausgetauscht werden kann.

Kaputte Billig-Stoßdämpfer einer Waschmaschine

Defekte Kunststoffstoßdämpfer einer billigen Waschmaschine

Bei teuren Maschinen ist es meist möglich, die Einzelteile auszutauschen. Bei billigen muss Bottich, Trommel, Stoßdämpfer ausgetauscht werden. Ein Tausch ist meist teurer als eine neue, billige Maschine. Eigentlich liegt es auf der Hand, dass das weder ökonomisch noch ökologisch sinnvoll ist.

Die Anschaffung einer langlebigen Waschmaschine sei zwar deutlich teurer, doch „die hält auch zwanzig Jahre“, erklärt Eisenriegler. Im selben Zeitraum müsse man sich bis zu sieben billige Maschinen anschaffen, „da kommt man bei den gesamten Anschaffungskosten leicht aufs doppelte des Preises einer teuren“, rechnet er vor. „Deshalb sag ich auch immer: Nur Reiche waschen billig.“

Beispiel Fernseher

Waschmaschinen seien aber nicht die einzigen Problemkinder. „Ich hab eine ganze Kiste voll mit Beispielen, wo die Sollbruchstellen identifiziert werden können“, sagt Eisenriegler und holt eine Schachtel mit Geräteeinzelteilen hervor. Er nimmt das Netzteil eines LCD-Fernsehers – eine Platine mit Kondensatoren, Dioden und anderen Bauteilen, und zeigt auf einen der zylindrischen Kondensatoren, der sich an der oberen Seite aufgewölbt hat: „Da reden die Techniker dann davon, dass er ‚geplatzt‘ ist. Dann haben Sie kein Bild und keinen Ton.“

Defekte Kondensatoren

Defekte Kondensatoren bei einem PC – [Free Art License]

Die defekten Kondensatoren könne man in der Regel leicht austauschen, „und dann tauschen wir auch alle anderen aus“, sagt Eisenriegler. Fast immer seien die Kondensatoren zu schwach dimensioniert. Er ortet hier Kalkül in der Produktion, denn: „Diese Kondensatoren kosten nicht viel.“ Bessere Kondensatoren, wie sie nachträglich bei der Reparatur eingebaut werden, würden den Herstellern „bei der Produktion vielleicht fünfzig Cent mehr kosten“, ist Eisenriegler überzeugt.

VKI: „Keine Beweise“

Der Verein für Konsumenteninformation ist das österreichische Pendant zur deutschen „Stiftung Warentest“. Regelmäßig werden Produkte getestet – auch auf ihre Lebensdauer. Doch einen Nachweis, dass vorsätzlich die Lebensdauer beschränkt oder Sollbruchstellen eingebaut werden, gebe es laut VKI nicht. „Bereits vor zehn Jahren haben schon 30 Prozent der getesteten Waschmaschinen eine Lebensdauer von zehn Jahren nicht erreicht“, erklärt Christian Kornherr vom VKI. Das Problem sei also nicht neu und „Geräte werden eben kaputt“, sagt Kornherr.

Aus den ausgewerteten Daten von Waschmaschinentests, könne man jedoch eine Korrelation zwischen Preis und Lebensdauer erkennen. „Da können wir ziemlich genau sagen, dass Waschmaschinen über 700 Euro deutlich länger halten.“ Nur ein Zehntel dieser Geräte würde weniger als zehn Jahre halten. „Bei Geräten unter 550 Euro sind von den getesteten Geräten über 25 Prozent schon nach fünf Jahren ausgefallen.“

Dennoch seien diese Ergebnisse und Zusammenhänge kein handfester Beweis für geplanten Verschleiß oder vorsätzlich eingebaute Fehler, weil sich bisher kein Konstrukteur oder Designer dazu bekannt hat. Auf einer Seite des VKI, verweist man dazu auf die „Geiz-ist-Geil-Mentalität“ der Kunden, die stets günstige Produkte am aktuellsten technischen Stand haben möchten. Diese Einstellung der KonsumentInnen hat eben ihren Preis.

Steuerbegünstigung für Reparaturen: Schweden macht’s vor

Schweden hat es vorgemacht, Österreich zieht vielleicht bald nach: Reparaturen sollen steuerbegünstigt, Neuanschaffungen höher besteuert werden. Statt 23 Prozent, soll in Schweden bald nur mehr 12 Prozent Umsatzsteuer fällig sein. Zudem soll die Hälfte der Kosten für die Arbeitszeit steuerlich abgeschrieben werden können.

Auch in Österreich wurde von den Grünen ein entsprechender Vorschlag im Parlament gemacht. Dieser könnte demnächst im Nationalrat diskutiert werden.

Ein weiterer Vorschlag, der im Raum steht: EU-weite Regeln einzuführen, die die Hersteller verpflichten, über die Lebensdauer der Produkte Auskunft zu geben. Einige Vorschläge von Konsumentenschützern gehen sogar in die Richtung, Auflagen für Hersteller dahingehend zu verschärfen, damit Produkte von vornherein langlebiger gestaltet werden und Reparaturen für KonsumentInnen wirtschaftlich möglich sind.

Drei Tipps

Auch Sepp Eisenriegler begrüßt diese Vorschläge und wünscht sich, dass die EU weiter in Richtung Kreislaufwirtschaft denkt. Er appelliert auch an die Konsumenten, ihr Konsumverhalten zu überdenken.

Dazu gibt er abschließend noch drei Tipps.

  • Geräte wie Waschmaschinen nicht ohne Not tauschen.
  • Beim Kauf immer nach der Ersatzteilverfügbarkeit fragen. Das sei die einzige Information, die auf die Lebensdauer schließen lässt.
  • Und: Man kann auch gebraucht kaufen.

Veröffentlicht am 6. Oktober 2016 auf fm4.ORF.at und als Radiobeitrag in FM4 Connected